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Kapitalismus: Heilmittel der Welt?

    • Offizieller Beitrag

    Das die "Einführung" auf politischem Weg grundsätzlich möglich ist, war mir schon klar.


    Ich bezog mich eher auf die Bevölkerung und die Grundlagen die es in unserer Gesellschaft gibt.


    Kann man von einem korrupten System (und damit spreche ich nicht nur die Politik an) wirklich zu einer so reinen Form des Kapitalismus gelangen, wie du sie wünschst?


    EDIT:
    Ich bin mir sicher, dass umgekehrt ebenso viele Leute deine Vorstellungen als Erschreckend bezeichnen würden. ;)

  • Das freie Marktmodell scheitert aber ab dem Zeitpunkt, wo der Wille nicht frei ist, weil sich zwei Individuem gegenüberstehen, die sich nicht auf Augenhöhe befinden, wie es üblicherweise beim Verhältnis Arbeitgeber zum Arbeitnehmer der Fall ist.


    Der Arbeitgeber hat Vermögen und kann aus einer Vielzahl von Arbeitnehmern wählen, da es infolge der Rationalisierung und Technisierung der Arbeitsprozesse vielmehr Arbeitnehmer als freie Stellen gibt.


    Der Arbeitnehmer muss Arbeit annehmen, um seinen Lebensunterhalt erwirtschaften zu können, in deinem Modell sogar jede Arbeit, um zu überleben.


    Oder wenn sich die beiden Individuen nicht auf gleichem Wissensniveau befinden.


    Wie z.B. in dem Fall, wo Händler,z.B. Astor, im 18./19. Jahrhundert Ureinwohnern Felle, Bodenschätze gegen Glasperlen, ein Paar Decken verkauft haben?


    Wo ist da ein freie Wille, wenn mich Sachzwänge zum Vertragsschluss zwingen oder ich mangels entsprechender Vorbildung meinen Wert nicht kenne oder nicht richtig geltend machen kann?


    Und bitte mal Argumente und keine Totschlagsargumente wie Marxist.

    4 Mal editiert, zuletzt von Marcus Iunius Brutus ()


  • Ich habe von Anfang gesagt (und dir zugestimmt), dass Regierungen sehr viel Müll bauen, dumme Entscheidungen treffen.


    Wenn du sagst, dass uns das Wohl einer bestimmten Klasse wichtiger ist, als das Allgemeinwohl, kann ich nur entgegen:
    Mag sein momentan, weil das eine benachteiligte Klasse (ich rede jetzt nicht unbedingt von deutschen Arbeitern, sondern von ausgebeuteten Menschen in Dritte-Welt-Ländern) ist. Du versuchst auf deine Art halt die Reichsten zu stärken. Und wenn wir deiner Meinung nach den reinsten Kapitalismus einführen sollten (was, denke ich, nicht möglich ist), würde es doch nur noch schlimmer werden. Meine Meinung.


    Man müsste halt definieren, was das Allgemeinwohl ist und wenn kein Allgemeinwohl herzustellen ist, dass es dann zumindest der MEHRHEIT der Menschen wohl ergeht.


    Deine Aussagen zur Ausbeutung sind unglaublich ignorant. Wenn es kein Kapitalismus ist (mag sein, weil die Arbeiter durch ihre Lebenssituation im Prinzip gezwungen sind, in den Minen zu arbeiten, zum Beispiel), dann sag mir, warum, wenn es überhaupt keine Regulierungen mehr gäbe (die es im Übrigen jetzt schon in vielen armen Ländern nicht gibt oder einfach ignoriert werden, da Korruption, etc.), es diesen Menschen besser gehen sollte.
    In Potosí gibt es nicht wirklich etwas anderes, was man arbeiten könnte. Fast die komplette männliche Bevölkerung arbeitet in den Minen, ohne Sicherheitsvorkehrungen, atmen giftige Dämpfe ein und bekommen einen Hungerlohn für ihre harte Arbeit. Ihnen bleibt nichts anderes übrig als in den Minen zu arbeiten, wenn sie ihre Familien versorgen wollen. Sie sterben oft schon mit 40. Jungen müssen teilweise schon mit 15 anfangen zu arbeiten. Frauen und Mädchen helfen auch und sortieren die verschiedenen Rohstoffe.
    Wenn alle Arbeiter streiken und bessere Arbeitsbedingungen und besseres Gehalt fordern würden, würden sie einfach alle entlassen werden und neue eingestellt, die zunächst (!) damit zufrieden wären, um überhaupt, etwas zu verdienen.


    Wenn du sagst, dass dir das Wohl der Menschen am Herzen liegt, kannst du das nicht wollen. Genausowenig trifft hier die "libertäre Prämisse" zu.


    Und weißt du wer die Verantwortung dafür trägt? Alle westlichen Nationen und die gesamte westliche Bevölkerung.

  • Johannes, uns als Marxisten zu bezeichnen ist ein ziemlich starkes Schwarz-Weiß-Bild, was du hier aufzeichnest.
    Lass das doch bitte sein. Die Welt ist um einiges differenzierter.



    Des Weiteren gibt es keinen Objektivismus. Das ist einfach unmöglich. Man handelt immer subjektiv! (bezogen auf Pauls "Objektivismus)


    Und fang bitte nicht mit Brasilien an.
    Jo, in Venezuela hat die Regierung einen Wohlstand erwirtschaftet durch Öl und Gas und als die Preise fielen, blieb nichts zurück. Hätten wahrscheinlich versuchen müssen, andere Wirtschaftszweige aufzubauen.


    Aber in Brasilien? Die Regierung ist korrupt, alle anderen Parteien aber auch. Die Proteste, die gegen die Regierung gerichtet sind, werden von der weißen Mittel- und Oberschicht geführt. Es gibt auch Gegenproteste. In Brasilien läuft einfach alles den Bach runter.
    Lies dir doch mal den Artikel dazu durch:
    Brazil Is Engulfed by Ruling Class Corruption - and a Dangerous Subversion of Democracy

  • Ich verstehe bei diesen emotionalen Argumenten nie, wieso das gegen den freien Markt sein sollte. Weshalb sollte ein Schicksalsschlag von Individuen und eine alte zerbrechliche Oma als Argument dafür dienen, die Wirtschaft zu zentralisieren und regulieren?
    ...
    Ein freier Markt dient eben genau den Menschen, denn er besteht zu 100% aus ihnen und ihrem voluntären Zwischenspiel.


    Es ist erschreckend wieviele von euch sich als Marxisten entpuppen, wenn man diese Diskussion bis zum bitteren Ende weiterführt.


    in dem zusammen hang habe ich nicht von zentralisieren sondern von regulieren gesprochen. wer wenn nicht der staat hat dazu die macht und vor allem die verpfiichtung? von selbst legt sich kein unternehmer beschränkungen zu. gerade in einem freien markt nicht. sein höchstes ziel ist die maximierung des profits. deswegen muss hier der staat eingreifen, um regeln festzulegen an die sich alle verdammt nochmal zu halten haben! arbeitsschutzbestimmungen, arbeitszeit usw. der freie markt wie du ihn verstehst führt dazu das wir am ende nur noch dreck zu fressen bekommen, weil es auch keine lebensmittelkontrollen mehr geben würde... wir wollen doch den freien markt nicht gefährden und dieter bohlen präsentiert "die neusten leckereinen für kleines geld für kleine leute"... verbraucheschutz adè. ein vollkommen freie markt ist was für die theorie und birgt den untergang bereits in sich.


    ich find es nicht erschreckend das sich einige als "marxisten" entpuppen oder wie ich es ausdrücken möchte sozial denkende menschen, sondern wie man einer weltanschaung anhängen kann die nichts mit einem fairen miteinander und sozialem frieden gemein hat. "frauen und kinder zuerst" schon mal gehört? auf unser beispiel übertragen würdest du sagen "nur stärksten kommen durch" evolutionsgeschichtlich macht das sinn aber wer will schon sein eigenes kind oder frau opfern. vieles was du hier darlegst klingt für mich abgehoben und zynisch.
    ich möchte fast behaupten das du für dein geld noch nie hart arbeiten mußtest.


  • Paul ist kein Objektivist.
    Ayn Rand begründete den Objektivismus.


    Ich bezeichne diejenigen als Marxisten, die eine staatliche Umverteilung von Eigentum zugunsten einer spezifischen Klasse propagieren und vom Kampf einer Klasse gegen die "ausbeuterischen" Kapitalisten plaudern. Das habe ich bereits von 2 Personen im Laufe der Diskussion gehört.

  • Sorry, ich meinte Rand. Mein Fehler.


    Kämpfst du denn nicht für eine spezifische Klasse und redest von der sich dumm verhaltenden Regierung?


    Ich kämpfe nicht für eine spezifische Klasse. Ich kämpfe für Gleichberechtigung jeglicher Art. Sei es bezogen auf das Geschlecht oder die Hautfarbe oder irgendwelcher anderer Kriterien.


    Natürlich wird ein Arbeiter, der am Fließband steht und Pakete sortiert nicht mehr verdienen als der Unternehmensführer. Soll er auch gar nicht. Er macht etwas anderes, einfacheres.
    Dass er weniger Geld verdient, ist doch voll okay. Er soll halt nicht ausgebeutet werden, sondern einen fairen Lohn bekommen plus Schutz am Arbeitsplatz.


    Genauso sollte der Geschäftsführer einen fairen Lohn bekommen und eine medizinische Versorgung (gerade so etwas, wie psychologische Betreeung wäre, glaube ich, wichtig).

  • Ich schalte mich mal wieder ein, zu einem spezifischen Thema. Nämlich dem des moralischen Handels. Und der Frage, wieso man das den "bösen,bösen Regierungen" überlassen sollte.
    So. Seit Jahrhunderten stellen sich Staatsphilosphen im Grunde die Frage: Warum leben Menschen friedlich zusammen? Und wie bewerkstelligen wir diesen Zustand?
    Beinahe alle wichtigen Denker sind sich hier einig. Es gibt einen theoretischen Urzustand, in dem jeder für sich selbst kämpft. Also Anarchie. Marx ist hier eine Ausnahme, denn er meint, bereits im Urzustand seines Wesens, sei der Mensch sozial und würde Gruppen bilden, die Konflikte entstünden aus der absoluten materiellen Not dieser technologisch primitiven Welt. (Interessant zu bemerken ist, dass Marx hier eine tatsächliche "historische" Vorlage nimmt, während Hobbes, Locke, Kant u.A. einfach von einem völlig zeitlich losgelösten Zustand sprechen)
    Kant, in Weiterführung von Hobbes und Locke, beschreibt den Übergang von Naturstaat zum Staat so. "Wenn ein Mensch Eigentum besitzt, im besonderen Grund und Boden, ist er bereit in einen Staat einzutreten, damit dieser sein Eigentum schützt." Hier ist schon einmal klar das herausgearbeitet, was Max Weber dann als "Gewaltmonopol" des Staates definiert, und im Grunde immernoch der Hauptgrund für einen funktionierenden Staat ist. Eine wichtige Kategorie bei sog. "failing states" ist, dass dieses Gewaltmonopol gebrochen ist. Wie diese Länder aussehen, muss ich hier ja nicht erklären. (Interessante Beobachtung: Viele ultralibertäre Bewegungen, wie z.B die "Austrian School of Economics" sind intrinsisch anarchistisch, weil sie meinen jeglicher Staat sei böse, d.h. allerdings, dass jeglicher rechtlich legitmierter Schutz für eine Unternehmen, durch selbstgemachten ersetzt wird, zum Beispiel in Form von privaten Sicherheitskräften, deren einzige Loyalität dann dem Unternehmen gälte. Beruhigender Gedanke, oder?).


    Wie soll nun also dieser Staat aussehen? Hobbes macht es sehr einfach und sagt, jeder, der in den Staat eintritt, gibt sein Recht Gewalt auszuüben bedingungslos an den "Leviathan" ab, eine Instanz, die im zeitgenössischen Kontext der Monarch ist. Dieser schützt dafür das Eigentum der Bürger. Locke und Kant gehen hier weiter und formulieren den Grundsatz (besonders Locke), dass man beim Eintritt in den Staat einen Vertrag abschließt. Ich gebe zwar einen Teil meiner Privilegien und "Rechte" ab, erhalte dafür allerdings Schutz, Rechte und Privilegien, die den Zustand in einem Staat zu sein, dem Zustand außerhalb des Staates zu stehen überlegen machen. Die Rolle des Staates ist also im Grunde folgende: Alle Mitglieder des Staates haben Rechte und Ansprüche an den Staat. Seit dem Zeitalter der Revolutionen sogar vor dem Gesetz die selben. Es ist also durchaus die Aufgabe und der usrprüngliche Zweck eines Staates Bürger vor übermäßiger Einflussnahme, oder Bedrohung anderer Bürger zu schützen. Wenn also ein Unternehmen, ohne dass ich etwas tun kann, Wasserquellen privatisiert, mir nicht zahlt, was mir gesetzlich zusteht (bei Versicherungen etc.), erwarte ich vom Staat, dass er interveniert, warum? Ich habe das "Recht" einfach die Unternehmenszentrale niederzubrennen, weil er mit blöd kommt, beim Türsteher abgegeben.


    Warum soll also die Regierung das ganze machen? Einfache Antwort aus einem komplizierten Text: Weil der Staat die unpersönlichste Instanz ist, die wir haben. Max Weber sah nicht umsonst den größten Triumpf der Geschichte in einem Beamtenstaat. Wir werden kein perfektes System errichten können, aber der Staat ist nunmal die beste Lösung. Klar gibt es Korruption in jedem Staat, aber es gibt auch Gesetze und Behörden, die dagegen vorgehen.


    Unternehmen werden dieses Maß an Kontrolle nicht erreichen. Und solange wir alle zusammenleben ist es nunmal die Rolle der Instanz, an das wir unsere "Gewalt" abgegeben, dafür zu sorgen, dass wir nicht gegen das Gewaltmonopol aufbegehren. Unternehmen versuchen allerdings bereits massiv diese Monopol anzugehen (Siehe TTIP und "Unabhängige Schiedsgerichte") und das Resultat ist zunehmende soziale Ungerechtigkeit, und ein Gewinn für Wenige, der allerdings auf Kosten von Vielen geht.

  • Blackfish Tully, du begehst einen schlimmen Denkfehler die viele von dir genannten Philosophen ebenfalls erliegen: Der Staat ist eben NICHT unpersönlich. Der Staat ist eine allen übergeordnete Organisation mit Individuuen an seiner Spitze. Alle haben ihre eigene persönlich Meinung wie der Laden laufen sollte und sind genauso "menschlich" wie der Rest von uns.
    Die Austrians (Österreichische Schule) sehen daß Übel im herrschaftlichen Handeln des Staates, nicht im Staat ansich wenn man jetzt mal die Minimalstaatstheorie (Minarchismus) aussen vor lässt. Alleine in der Ausübung von Herrschaft steckt das Übel.
    Wie du richtig erkannt hast haben seit Menschengedenken sich Leute in Gemeinschaften zusammengefunden um sich gegen andere Gemeinschaften militärisch zu schützen (Stadtstaaten und deren Entstehung).
    Diese Stadtstaaten waren in erster Linie darauf bedacht ihre Bürger und deren Eigentum zu schützen. Später entwickelten sich hieraus auch Herrschaftssysteme mit allen bekannten Übeln. Z.B. durch die Massendemokratie (Ochlokratie), in dieser Sackgasse stecken wir ebenfalls heutzutage.


    Das mit der "sozialen Gerechtigkeit" ist eine Worthülse ohne Substanz. Hiermit soll nur der Neid und die Missgunst auf die Erfolgreichen durch die Staatsvertreter geschürt werden. Teile und Herrsche ist in der hohen Politik das wichtigste Instrument um Wahlen zu gewinnen und auf Kosten der Allgemeinheit zu leben.


    Ich empfehle mal Bücher oder Vorträge von Hans Hermann Hoppe und Stefan Blankertz. Beide waren früher einmal Kommunisten und haben ihre Denkfehler erkannt. Eine Monopolist, egal ob privat oder staatliche, kann niemals sogut funktionieren wie ein auf Wettbewerb basierendes System. Weil hier einfach der Anreiz zur "besseren Idee" fehlt.


    Zu guter letzt, ich bin Libertärer und gegen Herrschaft von Menschen über Menschen. Zwei Weltkriege und der Rest sprechen eine ganz klare Sprache.

  • Der Staat ist nicht unpersönlich, diesem "Irrglauben" hänge ich nicht an. Vielmehr muss das Ziel des Staates sein, so unpersönlich wie möglich zu sein. Ich halte mich an dieser Stelle gerne frei nach Churchill und sage "Dieses System ist nicht gut, aber es ist das beste, das wir bisher ausprobiert haben".
    Und der Gedanke, dass Anarchie weitere Weltkriege verhindern könnte, ist sehr fragwürdig. Herrschaft findet immer statt, selbst in der Anarchie. Die Kernfrage dreht sich hierbei um das Bild des Menschen. Du traust den Menschen, ich nicht. Wenn du den Menschen traust, kann Anarchie eine sinnvolle Option sein, denn dann gibt es zwar keine Gesetze, aber doch freundliche Richtlinien, an die man sich hält. Ich frage mich nur, wie lange eine Anarchie funktioniert, ehe Menschen die Macht über andere Menschen wiedererlangen und eine Autokratie erster Güte einführen und die Uhr wieder auf "Null" setzen.