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[LP] Imeloca

    • Offizieller Beitrag

    Auf den ersten Blick ist Imeloca ein lebensfroher, bunter Stadtteil. Es treiben sich viele Ausländer herum und generell lassen sich in Imeloca so ziemlich alle Arten von Personen finden. Dementsprechend lang ist allerdings auch die Liste von Leuten, mit denen man sich besser nicht anlegen sollte. Dazu gehören auch der riesige farbige Lusse Semjon, besser bekannt als Simon und sein Chef Ivan vom "Lussia", einem ziemlich merkwürdigen, aber gut besuchtem Restaurant. Man erzählt sich unter anderem, dass Simon einmal einen Mann seiner Größe mühelos mit einer Hand hochgehoben haben soll. Entgegen diesem martialischen Bild, ist der Mann eigentlich ein Pazifist und wird nie müde in schwerem Akzent zu betonen: "Streiten ist aber nicht gut"
    Streit gibt es allerdings genug in Imeloca: eine Menge Kartengangs treiben sich herum, Leute verschwinden hin und wieder und merkwürdige Vorkommnisse scheinen an der Tagesordnung zu stehen.





    Lusse Semjon (Simon)


    “Muscheln, ponzische Muscheln!”, rief Simon lautstark über die Köpfe der Einwohner Imelocas hinweg. Nicht Ortsansässige warfen ihm verwirrte Blicke zu.In Ponza gab es doch überhaupt keine Muscheln?“Sind gut! Und billig! Kommt, gibt Rabatt!”, setzte er seine Werbeaktion fort, aber die meisten Leute waren allein von seiner enormen Größe und seiner Statur so sehr eingeschüchtert, das sie sich nicht trauten näher zu kommen. Er beugte sich herunter und bat einer vorbeilaufenden Frau in freundlicher Tonlage ein Flugblatt an. Verängstigt zog sie ihre Tasche enger an den Körper und beschleunigte ihre Schritte. Seufzend richtete Simon sich wieder auf und wollte gerade von der Köstlichkeit ihrer Seezungen-rollen werben, da nahm er näherkommenden Krach war. Durchaus nichts ungewöhnliches in Imeloca, aber Simon wandte dem Geschehen trotzdem seine Aufmerksamkeit zu. Kaum hatte er seinen Kopf gedreht, sah er eine Handvoll mit Knüppeln bewaffneter Schläger einen anderen Mann verfolgen, der ebenfalls stark nach Halunke aussah. Er blickte sich panisch um und rannte ohne groß nachzudenken in das erstbeste Geschäft. Zufälligerweise handelte es sich dabei um den “Ponza-Fisch”.


    Als die Ganoven (vermutlich Teil irgendeiner drittklassigen Kartengang) hinterher wollten, stellte sich Simon ihnen demonstrativ in den Weg.Man kannte ihn in Imeloca und die meisten der Randalierer realisierten auch, das sie ordentlich in der Klemme steckten. Einer von ihnen war allerdings offensichtlich neu und riss lautstark die Klappe auf:“Na los, geh uns aus dem Weg du schwarzes Riesenbaby! Sonst setzt’s was!”Lächelnd hob Simon seine rechte Hand, als würde er sie grüßen und ließ mahnend verlauten:“Streiten ist aber nicht gut! Macht dich hungrig!”Dann beugte er sich zu den Halunken herunter (er war fast zwei Köpfe größer als sie) und verkündete fröhlich: “Jetzt ich machen Hackfleisch aus euch”


    Nachdem er diese Angelegenheit erledigt hatte, sah Simon auf den Sonnenstand und stellte fest, das seine Küchenschicht gleich beginnen würde. Zufrieden, wieder für Ordnung gesorgt zu haben, öffnete er die Tür, zog den Kopf ein und schlug die Vorhänge zurück. Der Mann von vorhin sah etwas ängstlich in seine Richtung, der grauhaarige Besitzer des Restaurants, Ivan, schien ihn nicht einmal zu bemerken und schnitt weiter mit einem gefährlich aussehenden Küchenmesser einen Fisch in Stücke . Mit einem sorgenfreien Lächeln fragte Simon den Mann, was er denn essen wolle und begab sich daraufhin in die Küche. Zwar vertrieb er mit seinem Aussehen immer wieder mal Kunden, aber in der Tat war Simon ein großartiger Fischkoch. Und so bekam der Mann ein Essen, das er zwar eigentlich nur aus Furcht nicht abgelehnt hatte, aber eines, das ihm dennoch ausgesprochen gut mundete.

  • Einleitung, Akt I: Erste Worte


    Melchiorre Romagnoli



    Am Westtor Alteras herrschte reges Treiben. Es war zwar schon recht spät, aber in einer Stadt wie dieser hatte das nur einen geringen Einfluss auf die Zahl der Passanten.
    Schüchtern und mit zusammengezogenen Schultern trat Jemand durch das Tor und rumpelte aus Versehen einen anderen Fußgänger an. Sofort verbeugte sich dieser Jemand höflich und stammelte nervös: "Entschuldigen sie bitte vielmals, ich..."
    Der Andere war längst weitergegangen.
    Seufzend lehnte sich der Jemand an eine Hauswand und suchte mit einem hilflosen und orientierungslosen Blick die Menschenmenge ab.
    Dieser Jemand war Melchiorre Romagnoli. Er hatte seine Eltern nie auf ihre Betriebsausflüge begleitet und hatte deshalb seinen kleinen Heimatort noch nie verlassen.
    "Ich will nach Hause", murmelte er niedergeschlagen.
    Jetzt war er 16, das erste Mal in Altera und total verwirrt.
    Zu Beginn des neuen Semesters sollte er die Rios-Universität besuchen. Das bot ihm viele Möglichkeiten für die Zukunft - behauptete man jedenfalls. Und außerdem hatte ihn schließlich sein bester Freund aus Kindestagen per Brief dazu überredet.
    Seine Eltern hätten ihn zwar lieber Privat unterrichten lassen, aber er hatte schon immer gerne in die Hauptstadt gewollt.


    "Hey, Melchiorre!", begrüßte ihn plötzlich eine frivol klingende Stimme.
    Immernoch desorientiert, sah sich Melchiorre hektisch um.
    Vor ihm stand ein Junge in seinem Alter mit rotblondem Haar und einem Grinsen, das breit genug war, um einen Fluss zu überbrücken.
    "Oh, hey...was", begann Melchiorre wieder zu stammeln und sah dann genauer hin.
    Vorsichtig fragte er: "Koldobika?"
    Darauf hatte der Andere offensichtlich schon gewartet.
    "Ist das ne Frage? Gut, dann such dir ne Antwort aus, du hast drei Möglichkeiten!"
    Dabei gestikulierte er selbstzufrieden mit seinem linken Zeigefinger herum, bevor er schließlich entschlossen auf Melchiorre zeigte und mit den Fingern bis drei zählte:
    "A: Koldobika Toledano, B: Koldobika Toledano, C: Koldobika Toledano"
    Jetzt hellte sich Melchiorres Gesicht auf:
    "Koldobika, echt jetzt? Du bist es wirklich!"
    Der seufzte allerdings nur enttäuscht und schlug sich die Hand vor das Gesicht:
    "Drei Jahre hab ich an dem Witz gearbeitet und du ignorierst ihn"
    Dann stieß er ihm freundschaftlich die Faust vor die Brust und lachte auf:
    "Du hast mir echt gefehlt, Alter!"
    Fröhlich stimmte Melchiorre mit ein:
    "Du siehst total anders aus, ich hab dich gar nicht erkannt! Oh und...", er grinste:
    "...der Witz war echt mies"
    "Der is ja auch schon vier Jahre alt, also...", entschuldigte sich Koldobika ebenfalls grinsend und fuhr tadelnd fort, während er seinem Freund mit gespieltem Ernst den Kopf tätschelte: "Du hast dich seit damals echt kein Bisschen verändert - mach meine Witze gefälligst nicht so runter!"
    Plötzlich klatschte er in die Hände und drehte sich um:
    "Na dann, los gehts! Auf in den Westen! Tja, Ich sag zwar nach Westen, aber das ist nur eine List, eigentlich gehen wir nach Süden"
    Seine Scherze waren wirklich ziemlich lahm, aber Melchiorre kannte ihn als einen durch und durch guten Kerl. Sie hatten sich die letzten Jahre immer wieder Briefe geschrieben, weshalb ihm gar nicht so richtig bewusst geworden war, wie weit sie von einander entfernt gelebt hatten, aber wo er Koldobika jetzt nach vier Jahren so wiedersah, musste er eingestehen, das man merkte, das sie an verschiedenen Orten gelebt hatten.
    Aber eigentlich war Koldobika noch ganz der Alte - Inklusive der miesen Witze.


    "Also, wo sollen wir hingehen? Willst du irgendwas bestimmtes sehen?"
    Irgendwie schaffte es Koldobika selbst beim rückwärts-laufen nicht mit anderen Passanten zusammen zu stoßen.
    "Eh...das..Stellaria...vielleicht?", fragte Melchiorre unsicher.
    "Waaaas, jetzt schon? Wenn wir da hin gehen, sollten wir wenigstens ein Mädchen mitbringen!", spielte sich sein Freund auf.
    "Wie wäre es dann mit der großen Vollmond-Kathedrale?"
    Amüsiert runzelte Koldobika die Stirn und lief wieder vorwärts:
    "Nenn sie einfach die Mond-kirche"
    "Huh? Ich...dachte die Alteraner nennen sie so!", erklärte sich Melchiorre hilflos.
    Nun etwas ernster sah Koldobika ihn an und fragte: "Du willst da hin?"
    "Ja...naja...also...hey warte!"
    Plötzlich zerrte ihn sein Freund hastig aus dem Weg einer vorbeifahrenden Kutsche.
    Erleichtert seufzte Melchiorre, nachdem er sich von dem Schreck erholt hatte und revidierte seine Aussage in einem ernsthaft besorgten Tonfall: "Nein, ist schon gut, vergiss es. Es ist schon sehr spät, sonst werden uns die Kartengangs noch töten!"
    Lachend winkte Koldobika ab:
    "Mann, Alter - das ist doch jetzt nicht dein Ernst oder? Außerdem ist es erst gegen Sechs"
    Er schüttelte den Kopf: "Oh mann, du bist ja immernoch so ein Schisser"

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

  • Mit staunenden Augen wanderte Melchiorre durch die Massen, die sich auf den Straßen der Stadt tummelten. Er konnte Koldobika gar nicht richtig zuhören, so überwältigt war er.
    “Das ist wirklich unglaublich”, murmelte er.
    Sein Freund lachte auf: “Dann muss ich dir unbedingt mal Melila zeigen...oder ein Pferderennen, wenn dich Menschenmengen so begeistern”
    Doch sein Tonfall wurde sofort wieder ernster, als er das Thema wechselte:
    “Von den Kartengangs sieht man immer weniger. Letztes Jahr waren die noch überall, aber nach ner öffentlichen Prügelei mit den Liberos wurden ne Menge verhaftet, was sonst eigentlich nie passiert. Und seitdem ist die Stadtwache immer recht schnell zur Stelle, wenn sich irgendwo ne Gruppe von Leuten mit Knüppeln versammelt. Man munkelt schon der Regul hätte seinen Schneid verloren”
    Regul?, fragte sich Melchiorre innerlich, fragte aber:
    “Das heißt Imeloca ist jetzt sicher?”
    Etwas verlegen griff sich Koldobika an den Hinterkopf und fuhr sich durch seine rotblonden Haare: “Naja, ich weiß auch nur das, was ich dir gerade erzählt habe - mehr kann ich dazu leider nicht sagen. Aber es gibt auf jeden Fall ein paar Typen von denen du dich fernhalten solltest”
    Pflichtbewusst nickte Melchiorre: “Verstehe”
    “Das hier ist die Mondstraße, von hier kommt man direkt zur Kirche”, erklärte sein Freund bereits wieder.
    Ob sie wohl wirklich offiziell so heißt?, wunderte er sich.
    Während er in Gedanken versunken war, stieß plötzlich Melchiorre unsanft mit Jemandem zusammen.
    Hastig brachte er ein: “Entschuldigen sie bitte vielmals”, aus heraus und verbeugte sich tief.
    Als er sich wieder aufrichtete, musste er feststellen, das das womit er zusammengestoßen war, nur ein Pappausschnitt eines Menschen war.
    Noch bevor er so richtig Zeit hatte, sich darüber zu wundern, lugte auf einmal ein schwarzhaariger Kopf hinter dem Pappkameraden hervor.
    “Oh, es ist Koldobika, sieh an”, bemerkte die Person.
    “Ah, Bermudo, wie geht’s”, erwiderte dieser. Offenbar kannten sich die beiden.
    Ein schmales Lächeln stahl sich auf Bermudos Gesicht:
    “Lange nicht gesehen”
    Seine Stimme hatte einen melodiösen, wohltuenden Klang, wie ein Kinderlied, das einem die Mutter vor dem Einschlafen vorsang.
    Schließlich richtete er seinen Blick auf Melchiorre und ein neugieriger Ausdruck trat auf sein Antlitz: “Und wer ist das? Ein Freund von dir?”
    “Ja, wir kennen uns schon seit wir klein waren. Er ist heute hier nach Altera gezogen”, antwortete Koldobika, woraufhin der Mann sich interessiert das Kinn rieb:
    “Ah, schicke Sache”
    Dann schien Koldobika einzufallen, das er sie noch gar nicht bekannt gemacht hatte:
    “Darf ich vorstellen? Das ist Bermudo Vega, Bühnenarbeiter im ‘Stellaria’”
    Höflich nickte Melchiorre ihm zu: “Ich..ich heiße Melchiorre Romagnoli”
    Nachdenklich musterte der Mann ihn und fragte mehr zu sich selbst:
    “Hmmm, ein Künstlername? Hmm, nein, warum sollte ein Schüler einen Künstlernamen haben...?”
    Peinlich berührt unterbrach Melchiorre ihn: “N..Nein, ich heiße wirklich so!”
    Erstaunt zuckten die Augenbrauen Bermudos nach oben:
    “Das ist tatsächlich dein richtiger Name? Erstaunlich! Wie ein Held aus einem Roman!”
    Er klang regelrecht entzückt und klatschte aufgeregt in die Hände, was Melchiorres Unbehagen nur noch verstärkte.
    “Jetzt hör schon auf, du machst ihn ganz verlegen!”, warf Koldobika ein, sah aber selbst so aus, als würde er nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken.
    Ich hab keine Ahnung was ich sagen soll. Das ist mir alles zu hoch, dachte Melchiorre hilflos.
    “Warst du einkaufen?”, hakte sein Freund derweil nach, woraufhin Bermudo nickte:
    “Es sind einige neue Bücher herausgekommen. Ich habe eines von jedem Autor genommen. Und noch 10 weitere für verschiedene Zwecke”
    Verschiedene Zwecke?
    Ein verschwörerischer Ausdruck trat auf das Gesicht des Bühnenarbeiters, als er sich straffte und verkündete: “Also gut, jetzt muss ich aber wirklich los. Hat mich gefreut euch zu treffen”
    Und damit schnappte er sich den Pappkamerad, der wohl zu irgendeinem Bühnenbild gehörte und machte auf dem Absatz kehrt.
    “Naja, er ist zwar ein bisschen komisch, aber wenn man ihn erstmal kennengelernt hat, ist er eigentlich total nett”, quasselte Koldobika weiter.
    “Ich hätte nicht gedacht, das du auch solche Freunde hast”, staunte Melchiorre.
    “Naja, ich mische halt überall ein bisschen mit, weißt du?”, er griff sich an seine weiße Jacke:
    "Ich weiß zum Beispiel wo man super Schneider findet…”
    Ich frage mich, was er wohl alles erlebt hat, in den vier Jahren, die wir uns nicht gesehen haben. Während ich einsam in meinem Zimmer saß…
    “...wenn man sich auskennt, kommt man auch an so ziemlich jedes Mädchen ran, das kannst du mir glauben!”, prahlte sein Freund derweil weiter.
    Wie vulgär...
    So langsam wurde es dunkel und die Straßen leerten sich. Anstatt der riesigen Menschenmengen, waren nur noch vereinzelte Gruppen Passanten unterwegs.
    Vorsichtig, um bloß nicht nochmal jemanden anzurempeln, wich Melchiorre einem jungen Mädchen aus und bemühte sich, nicht den Anschluss an seinen Freund zu verlieren…

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

  • Einleitung, Akt II: Vollkommen unvorhersehbar


    Isaia Orsini



    Ein gutaussehender Mann in ansehnlichen Kleidern und eine Gestalt, die eindeutig eher nach Halunke aussah, tuschelten verschwörerisch in einer dunklen Seitengasse, gegenüber von einem durschnittlichen Restaurant.
    "Ich hab sie gefunden", sagte der Mann.
    "Bist du dir sicher das sie's is?", hakte der Ganove sofort nach.
    “Ja, sie passt 1 zu 1 auf die Beschreibung, die du mir gegeben hast”, erwiderte der Mann nachdrücklich.
    Als Antwort erhielt er ein erfreutes Grunzen: "Alles klar, es kann los gehen!"
    Der Gangster sah über die Schulter und wandte sich an den dritten im Bunde, einen jungen Kerl mit einem hämischen Grinsen im Gesicht: "...und gib ihr bloß nicht zu viel, hörst du? Wenn sie nicht wieder aufwacht, kriegen wir weniger Kohle"
    Aber der zuckte nur mit den Schultern und machte sich an einer Glasflasche zu schaffen, die mit irgendeiner Flüssigkeit gefüllt war: "Na und wenn schon - Jugendliche bringen 50% mehr"
    "Es sind nur 20%", maulte der andere herum, während sich der Ansehnliche unter ihnen wieder aus der Gasse bewegte.
    Der Kerl mit der Flasche ließ sich nicht von seinem Spaß abbringen:
    "Das hatten wir schon lang nicht mehr - lecker Frischfleisch!"
    Und nun musste auch der Ganove einstimmen:
    "Ja, ein hoch auf unseren Informanten"


    Der Schönling ging auf das junge Mädchen zu, das mitten auf der Straße stand und sich suchend umsah. Er sprach sie an: "Hallo, bist du Magenta?"
    Schüchtern nickte das Mädchen und fragte: "Dann bist du Narciss?"
    Erfreut klatschte der Mann in die Hände: "Oh, sehr gut! Dann habe ich mich also nicht geirrt"
    "Ich freue mich sehr dich endlich kennen zu lernen" - das sagte sie zwar, aber sie klang beinahe etwas enttäuscht.
    "Oh, ich mich auch. Na dann, wollen wir? Es ist gleich hier um die Ecke, zwei andere warten schon auf uns", bot der Mann ihr seine Hand an.
    Fast apathisch erwiderte sie: "Ja" und folgte ihm in die Seitengasse.


    In dem Restaurant auf der anderen Straßenseite setzte ein Mann in einem schwarzen Mantel das Fernrohr ab und sagte tadelnd: "Was tust du an so einem Ort?"
    Er stand auf und bezahlte, wohl wissend, was dort drüben im Dunklen gerade geschah. Aber er rief keine Hilfe oder ging selbst hinüber. Nein, er machte sich vergnügt summend Richtung Torremo auf - er wollte schließlich nicht zu spät kommen...


    Melchiorre Romagnoli


    Koldobika redete ohne Punkt und Komma und Melchiorre wurde langsam müde. Er wusste allerdings nicht, ob das daran lag, das sie viel gelaufen waren oder an den miesen Witzen seines Freundes. Wahrscheinlich an beidem.
    "Hach, ich bin so ein Plappermaul!", verkündete Koldobika sich keiner Schuld bewusst.
    "Jaaa, das merke ich", stimmte Melchiorre ihm resignierend zu.
    "Es gibt noch so viel - das war höchstens ein Achtzigstel - oder sogar noch weniger!"
    Während er noch überlegte, was er dazu sagen sollte, blieb Melchiorres Blick an etwas hängen, das nicht so recht ins Stadtbild passen wollte.


    Ein Farbiger, der wie ein Koch gekleidet war, verteilte Flugblätter.
    Nein, ein riesiger Farbiger, der gekleidet war wie ein Koch.
    Nein, ein Typ der gekleidet war wie ein Koch, war zufällig farbig.
    Endlich zufrieden blickte Melchiorre auf und musste feststellen, das ihm ebenjener Koch mitten ins Gesicht starrte.
    "Lang nicht gesehen, junger Mann!", rief er freudig und mit schwerem Akzent aus.
    Zuerst wunderte sich Melchiorre - er kannte diesen Kerl doch gar nicht?
    Dann ging ihm auf, das vermutlich sein Freund gemeint war.
    "Hi Simon! Das ist ja ne Ewigkeit her!"
    "Ah, Koldobika! Lust auf Muscheln? Ganz frisch, kriegst auch Rabatt - Muscheln sind lecker"
    Aus jedem einzelnen Wort triefte Fremdartigkeit.
    "Neeein, ich hab leider nicht genug Geld dabei", winkte Koldobika sorglos ab:
    "Wenn ich nen Job hab, komm ich aber vorbei - vergiss den Rabatt nicht!"
    Empört riss Simon die Hände hoch und schüttelte energisch den Kopf:
    "Njet! Das geht nicht! Wenn ich das mache verschwinde ich im Seetang des ponzischen Festlands!"
    "Seetang auf dem Festland, hm?", schmunzelte Koldobika und verabschiedete sich.
    Als Melchiorre ihm nachgehen wollte, lächelte Simon ihn an und sagte winkend:
    "Lang nicht gesehen junger Mann"
    Offenbar kannte der Koch den Unterschied zwischen Begrüßungen und Verabschiedungen nicht so ganz.


    Nachdem sie außer Hörweite waren, fragte Melchiorre seinen Freund:
    "Den kennst du auch?"
    Der nickte: "Ja, das ist Simon. Ein Ponze levanzischer Abstammung, der Kunden für das ponzische Fischrestaurant da drüben anwirbt"
    Verwirrt sah Melchiorre sich um: "Hä? Was genau davon ist denn jetzt der Witz?"
    Unerwarteterweise hörte Koldobika plötzlich auf herumzualbern:
    "Nein, das ist mein voller Ernst. Sein richtiger Name ist Semjon, aber alle nennen ihn einfach nur Simon. Ein ponzischer Freund von ihm hat dieses Restaurant eröffnet und er wirbt jetzt Kunden für ihn an"
    Mit großer Dringlichkeit in der Stimme fuhr Koldobika fort:
    "Legt dich bloß nicht mit ihm an, okay? Er ist mal bei nem Streit dazwischen gegangen und hat einen Typen seiner Größe mit einer Hand hochgehoben"


    Kurz schien es so, als wäre er fertig, aber dann machte er doch weiter:
    "Oh und da fällt mir ein es gibt noch einen mit dem du dich nicht anlegen solltest..."
    Urplötzlich donnerte ein lautes Krachen durch die Straßen.
    Melchiorres Kopf fuhr herum und er sah etwas, das er nicht so richtig glauben konnte.
    Über den Dächern der Wohnhäuser flog ein Tisch. Das heißt - eigentlich flog er nicht - irgendjemand hatte ihn wohl dort hochgeworfen.
    Melchiorre hastete zur Kreuzung und sah die Straße herunter.
    In einiger Entfernung sah er für einen kurzen Moment jemanden in Kellnerklamotten über die Straße rennen. Wenig später flog begleitet von einem ohrenbetäubenden
    "URRRRRRAAAAAAAAAAAAAAAA!" ein übel lädierter Mann über dieselbe Kreuzung.
    Koldobika lugte um die Ecke:"Wenn man vom Teufel spricht...legt dich auf keinen Fall mit Severo Hernandez an"
    Er zuckte mit den Schultern, als wäre das ganz normal: "Aber solange du keinen Quatsch machst, wirst du ihm sowieso nie begegnen"
    Was für ein Kerl das wohl ist?, staunte Melchiorre geistesabwesend und musste sich beeilen seinen Freund nicht aus den Augen zu verlieren

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

  • Einleitung, Akt III: Geheimnisse



    Im Nachhinein erschien es wie eine dumme Idee, aber sie war davon überzeugt, als sie das Haus verließ. Die Worte von Narciss hatten etwas anziehendes und sie wollte das Gesicht des Menschen sehen, der die gleichen Gedanken hatte wie sie.
    Auch wenn alles nur Lügen gewesen wären - sie hatte nichts zu verlieren.
    Zumindest dachte sie das. Aber als sie den Schönling sah, kam ihr augenblicklich der Gedanke, das dieser Mann nicht Narciss war. Und doch ging sie mit ihm mit, denn sie hätte sich nie verziehen, wenn sie nun davon gelaufen wäre.
    Auch nicht als sie schließlich die Worte hörte: "Tut mir Leid Püppchen, du bist uns in die Falle getappt!"
    Während der Halunke sie attackierte, wurde sie von einer Fülle an Gefühlen überwältigt. Überraschung. Widerstand. Reue. Doch bevor sie das Bewusstsein verlor, dachte sie:
    Das ist mein Schicksal. Es ist an der Zeit. Ich werde von dieser welt verschwinden, ohne das es irgendjemand erfährt...
    Aber...während sie bewusstlos war, drehte sich die Welt dennoch weiter. Völlig unabhängig von ihren Gefühlen oder Gedanken.


    Der schwarze Reiter


    "Also, das sollte kein allzu schwieriger Auftrag werden, aber pass trotzdem auf dich auch", erklang die vertraute Stimme. Der schwarze Reiter nickte, ergriff die Zügel seines finsteren Rappens und ritt aus dem Versteck heraus in die Nacht.
    Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit jagte das Pferd die Straßen herunter.
    Sein lautes Wiehern versetzte die Passanten, die noch unterwegs waren, wie üblich in Angst und Schrecken. Der Reiter passierte eine Kreuzung und sah aus dem Augenwinkel einen Tisch über die Häuserdächer fliegen. Kopfschüttelnd setzte er seinen Weg fort.
    Er nahm den kleinen Notizzettel heraus, den er vom Auftraggeber erhalten hatte.
    Für einen Moment wunderte er sich - hatte der Text sich geändert? Aber dann ging ihm auf, das es sich um die Rückseite handeln musste. Dort stand:


    Ohne erkennbare Gefühlsregung steckte der Reiter den Zettel wieder weg. Er war schon fast am Ziel. Die Gasse zu der er bestellt worden war, war noch noch ein paar Blocks entfernt. Der Hengst hörte auf zu gallopieren und näherte sich gehorsam.
    Langsam konnte der Kurier Stimmen hören. Dann bog er um die Ecke und kam zum Stehen.


    "Seht mal", meinte einer der drei Halunken, die sich neben einem Karren an die Wand gelehnt hatten. Alle starrten sie den Neuankömmling an.
    "Ist das einer von den Bossen?", fragte der zweite und wurde prompt vom dritten zurecht gewiesen.
    "Blödsinn, als ob die so aussehen würden"
    Der nachtschwarze Ritterhelm und die gleichfarbige Kleidung verliehen dem Reiter ein bedrohliches Aussehen - das die Anwesenden allerdings nicht zu beeindrucken schien.
    "Hör mal, du unterschätzt uns wohl", fasste der erste Mut und schnappte sich von
    dem Karren eine Brechstange.
    "Wer uns in die Quere kommt...wird einfach umgelegt!"
    Der Reiter ließ die Zügel knallen und das unheimliche Wiehern des Rappens hallte erneut durch Altera. Urplötzlich schoss das Pferd nach vorne und trampelte den völlig überrumpelten Vandalen brutal nieder. Die anderen beiden erholten sich schnell von dem ersten Schock. Mit der Kraft der Verzweiflung warf sich der dritte zur Seite und zerrte den Reiter an dessen Bein von seinem Ross. Für einen Moment zuckte die Gestalt noch und blieb dann regungslos liegen.
    Triumphierend, aber sichtlich erleichtert freute sich der Schönling:
    "Na siehst du"


    Er wandte sich ab, um seinen verletzten Kollegen zu helfen.
    Plötzlich traf ihn ein ungemein kraftvoller Schlag in den Hinterkopf und setzte ihn augenblicklich außer Gefecht. Der schwarze Reiter stand wieder, ohne sichtbare Schäden erlitten zu haben. Scheinbar hatte er die Schwäche nur vorgetäuscht.
    Nun machte sich in dem letzten im Bunde Verzweiflung breit.
    Mit aller Kraft die er aufbringen konnte, packte er seinen Knüppel und schlug nach dem Kopf der mysteriösen Gestalt.
    Abermals ging sie zu Boden. Mit einem metallischen Klirren, rollte der leere Ritterhelm neben dem leblosen Körper zur Seite.
    Schnell atmend versuchte sich der Ganove zu beruhigen. Er hätte erleichtert sein sollen, aber die Anspannung wollte sich nicht von ihm lösen. Warum nur hatte er solche Angst? Es war doch nur irgendein Unruhestifter in schwarzen Klamotten!
    Seine dunkle Vorahnung bestätigte sich. Abermals erhob sich der Reiter aus dem Staub und drehte sich zu ihm um. Voller Panik blieb der Blick des Gangsters an der Stelle hängen, wo sich gerade noch der Helm befunden hatte.
    "W...was bist du? Was verdammt nochmal bist du?!", kreischte er völlig von seiner Angst kontrolliert. Es war das letzte was man an diesem Tag von ihm hören sollte...


    Bedächtig hob der schwarze Reiter den Helm von der Straße auf und setzte ihn wieder an seinen Platz.
    Langsam ging er zu dem Karren in der Gasse und zog die Plane herunter. Wie im Auftrag beschrieben, befand sich ein junges Mädchen darunter, das die Kerle wohl entführt hatten. Sanft rüttelte der Kurier an ihm, um es aufzuwecken.
    Verwirrt schlug es die Augen auf und blickte sich um.
    Als er das sah, ging der Reiter zurück zu seinem Pferd und holte eine kleine Tafel und ein Stück Kreide hervor - ganz so wie es man es an Schulen bisweilen benutzte.
    Mit geübten Bewegungen schreib er etwas nieder und hielt dem Mädchen die Tafel hin:
    "Alles in Ordnung? Man hat mich gebeten dich an einen gewissen Ort zu bringen"
    Immernoch sichtlich durcheinander nickte es. Sie wusste nicht was vor sich ging, aber eines wusste sie mit Sicherheit: diese Gestalt wollte ihr helfen, so unheimlich sie auch schien. Der Reiter half ihr auf sein Pferd und signalisierte ihr sich festzuhalten.
    Während sie durch die Stadt ritten, fühlte es sich beinahe an als wäre das nicht die Realität. Der Körper an den sich das Mädchen hingegen presste, fühlte sich sehr real an.
    Sie dachte nach über die Person, von der diese Wärme kam. Was denkt sie? Was weiß sie? Wie ihr Leben wohl ist? Wie sieht das Mädchen in ihren Augen wohl aus?
    Ehe sie sich versah, hielt das Pferd wieder an und der Reiter half ihr herunter.
    Abermals hielt der Kurier die Tafel hoch. Dort stand geschrieben:
    "Auf dem Dach wartet jemand auf dich. Mein Auftrag ist hiermit beendet"
    Zum Abschied nickte er ihr nocheinmal zu und verschwand dann in der Dunkelheit der Nacht. Zögerlich wandte sich das Mädchen zu der Tür um, auf die ihr Retter gewiesen hatte. Sollte sie wirklich gehen? Andererseits...was hatte sie schon zu verlieren?

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

  • Etwas außer Atem öffnete sie
    die Tür zum flachen Dach des Gebäudes und sah sich um. Der kühle
    Nachtwind ließ sie frösteln und der fahle Mondschein tauchte zumindest
    einen Teil der Fläche in Helligkeit. Trotzdem konnte sie Niemanden
    entdecken. Vorsichtig trat sie aus dem Treppenhaus heraus in Offene. Sie
    nahm sich einen Augenblick um die benachbarten Gebäude in Augenschein
    zu nehmen. Es waren recht heruntergekommene, aber große Gebäude - sie
    hatte keine Ahnung wo sie war.
    Plötzlich hörte sie eine Stimme rufen: "Fräulein Magenta!"
    Sie drehte sich um und sah einen jungen Mann, gekleidet in einen schwarzen Mantel aus dem Schatten treten.
    "Schön dich zu sehen. Ich bin Narciss", begrüßte er sie. Seine Stimme hatte etwas einzigartiges an sich. Sie war wie süßer Hönig, an dem man kleben blieb.
    Sie wollte das es wirklich so wahr, aber nach dem, was ihr eben passiert war, fragte sie schüchtern: "Bist du wirklich Narciss?"
    Er lächelte: "Ich bin der Narciss, der verschwinden möchte"
    Jetzt war sie sich sicher, das er es war. So hatte sie ihn sich vorgestellt.
    "Bist du...bist du derjenige der mich gerettet hat?", fragte sie weiter, nun etwas hoffnungsvoll.
    "Ja, das war ich", erklang seine wohlklingende Stimme.
    "Ich danke dir vielmals!", brach es plötzlich aus ihr hervor.
    Aber Narciss blieb ruhig. Nun stellte er eine Frage:
    "Und? Hattest du Angst?"
    Sie nickte: "ja!"
    Mitfühlend säuselte er: "Das war bestimmt schlimm"
    "Und wie!", bekräftigte das Mädchen. Doch da viel ihr etwas auf:
    "Aber woher wusstest du denn was passiert ist?"
    Ohne das sich seine Stimmlage änderte antwortete Narciss:
    "Na weil...ich deine Entführung in Auftrag gegeben habe, Fräulein Magenta"


    Alles in ihr erstarrte. Ihre Augen weiteten sich, während ihr gegenüber unbekümmert fortfuhr: "Und das du gerettet wurdest war ebenfalls mein Verdienst"
    "Was hat das zu bedeuten?"
    Magenta war sichtlich verstört.
    Nun veränderte sich das Benehmen von Narciss und er setzte ein selbstverliebtes Lächeln auf, während er an ihr vorbeistolzierte und gestikulierte, als würde er einen Vortrag halten: "Nun, eigentlich wolltest du doch sterben - aber dann wirst du entführt, was dir Angst macht. Und das wiedrum hat dich geärgert, stimmt doch soweit, oder Fräulein Magenta? Aber wenn du dich gewehrt hättest, hätte das deinem Wunsch zu sterben widersprochen, also hast du es als Schicksal angenommen und dich damit abgefunden. Doch als du gerettet wurdest, warst du trotzdem erleichtert"
    Er erreichte das Ende des Daches und drehte sich um, einen jagenden Blick in den dunklen Augen: "Ich wollte...das Gesicht sehen das du nach all dem machen würdest. Ich wollte den Ausdruck sehen, den du machst, wenn du vor mir stehst und erkennst, das ich dich komplett duchschaut habe"
    Es klang beinahe als müsse er Gelächter zurückhalten.
    Zutiefst verwirrt fragte Magenta sich laut: "Aber...warum denn?"
    Narciss schien ihr diese Frage jedenfalls nicht übel zu nehmen.
    "Warum fragst du? naja, die Antwort dürfte wohl in deinen Ohren höchstwahrscheinlich recht philosophisch klingen. Lass es mich kurz und klar ausdrücken: der Grund ist, das ich Menschen liebe"
    Er ließ seinen Zeigefinger kreisen, als male er einen Buchstaben oder als dirigiere er ein Orchester: "Menschen üben eine Faszination auf mich aus - ich finde sie äußerst interessant"
    Urplötzlich verschärfte sich sein Blick:
    "Also, ich liebe den Menschen im allgemeinen, nicht dich im besonderen - merk dir das"
    Gegen ihren Willen errötete Magenta. So verstörend die Worte dieses Mannes auch waren, er hatte dennoch eine regelrecht unheimliche Anziehungskraft.


    Ihre Schultern sackten ab: "Also war...alles gelogen?"
    Mit einem kurzen Satz war Narciss bei ihr, griff ihre Hand und beugte sich nach vorne. Sie waren einander nah genug, um sich küssen zu können.
    "Sehr gut, du verstehst also deine Lage?", schmeichelte die süße Stimme in ihr Ohr.
    Auf einmal zog er sie abrupt mit sich an den Rand des Daches. Ohne jede Spur von Furcht trat er an die schmale Kante und sah hinunter:
    "Weißt du, hier sind schon so einige runter gesprungen. Dieser Ort ist zwar nicht berühmt dafür, aber aus dieser Höhe stirbt man auf jeden Fall"
    Wie ein Kind das seinen Freunden ein neues Spielzeug zeigt wies er nach unten:
    "Guck mal! Siehst du die Flecken da unten?"
    Wie von seinen Worten gesteuert beugte sich Magenta nach vorne. Ihre weit geöffneten Augen saugten sich fest an den getrockneten Blutlachen. Abermals wallte Angst in ihr auf. Narciss wandte sich ab und begann auf der Dachkante entlang zu balancieren wie ein Drahtseilkünstler:
    "Du denkst das du etwas Besonderes bist, nicht wahr? Aber das stimmt nicht, alle sind gleich. Kein Mensch auf dieser Welt kann von sich behaupten, immer nur rechtschaffen zu sein"
    Er lachte auf. Endlich wandelte sich ihre Angst zu einer Art trotzigem Zorn.
    Mit einer eleganten Wendung drehte Narciss ihr wieder seine Brust zu:
    "Ich meine...selbst du hast doch das ein oder andere Geheimnis oder?"
    Sein rechter Zeigefinger hob sich, wie als Zeichen, das sie aufpassen sollte:
    "Hast du dich mal gefragt, warum du so gut bist und deine Eltern so schlecht sind?"
    Die Stimme von Narciss triefte vor Spott. Es machte sie wütend.
    "Das ist doch..."
    Er machte einige schnelle Schritte und war wieder bei ihr:
    "Ich verrate dir jetzt mal etwas: Selbst wenn du jemanden betrügst, oder von jemandem betrogen wirst - jeder lacht über dumme Witze und isst zu süße Beilagen"
    Diese letzte Provokation brachte das Fass zum überlaufen.


    Erzürnt versuchte sie, ihm eine Ohrfeige zu verpassen, aber er beugte sich nur lachend nach hinten. Er griff ihre Hand und sie verlor das Gleichgewicht. Ein Schrei entrang sich ihrer Brust, als sie den Abgrund näher kommen sah - und abrupt gestoppt wurde. Narciss hielt sie fest, während sich ihre Augen abermals starr vor Angst auf die Blutflecke am Boden hefteten.
    "Ganz gleich welche Sorgen man auch hat, am Ende ist jeder nur ein Fleck. Alle. Ohne Ausnahme"
    Er schwieg für einige Sekunden. Die Stille machte alles noch schlimmer. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie bekam Panik.
    "Soll ich dich loslassen?"
    Hektisch atmete sie ein und aus - dann zog er sie wieder nach oben und an sich heran. Instinktiv klammerte sie sich an ihn, obwohl sie es nicht wollte.
    "Verstehst du es jetzt?", flüsterte er sanft.
    Dann wandte er sich plötzlich ab und machte einen energetischen Rückwärtssalto.
    Rückwärts ging er auf die Tür zu und formte mit seiner rechten eine Fingerpistole:
    "Naja! Wenigstens konnte ich heute dabei zusehen, wie deine Gefühle rund gefahren sind! Um ehrlich zu sein: deine Sorgen interessieren mich gar nicht, ich wollte nur sehen, wie du reagierst wenn du leidest"
    Verspielt drehte Narciss sich einmal im Kreis und öffnete die Tür:
    "Und falls du es wissen willst: deine Reaktion war wie erwartet langweilig! Schließlich wusste ich, das du gar nicht vorhattest zu sterben"
    Fröhlich winkte er ihr zum Abschied: "Bis dann! Hat trotzdem Spaß gemacht, Fräulein Magenta!"
    Sie zögerte einen Moment und wandte sich dem Abgrund zu. Sie fragte sich, ob sie diesen Mann durch einen Sprung wohl würde verletzen können.
    Doch dann dachte sie, das sie vielleicht nur auf einen Anlass gewartet hatte, und das die Worte dieses Mannes ein solcher wären. Sie ließ sich nach vorne fallen.
    Und Isaia Orsini lächelte.


    Doch anstatt des blutig klatschenden Aufpralls, ertönte nur das Rascheln von Stoff und ein dumpfes Stöhnen. Verwirrt sah das Mädchen um sich. Sie lag in den Armen einer in schwarz gekleideten Gestalt und als sie aufsah, erblickte sie nur einen Ritterhelm.
    Der schwarze Reiter setzte sie ab.
    "Warum hast du...?", fragte sie heiser.
    Er drehte sich um und hielt die Kreidetafel hoch:
    "Weil die Welt nicht so grausam ist wie du denkst"
    Das Mädchen dachte an seine Eltern. An seinen Vater und seine Geliebte. An sie alle. Jeder lebt in seiner privaten Welt - vielleicht war dieser Umstand gar nicht so sehr von Böswilligkeit, Kalkulation oder Hass erfüllt, wie sie immer gedacht hatte. Vielleicht war es nicht bloß ein Kompromiss, oder ein Versuch Schwächen dahinter zu verbergen.
    Als sie sich auf den Heimweg machte, beschloss sie ihrer Familie zu verzeihen.
    Seit jenem Tag sah sie die Welt mit anderen Augen. Es gibt so viele Errinnerungen wie es Menschen gibt und genauso viele Geheimnisse. Sie hatte nun begriffen wie selbstverständlich das war.


    Weiter oben saß der Informationshändler vergnügt und allein auf der Dachkante und ließ die Beine herunter baumeln. Ohne verstimmt zu klingen sagte er vor sich hin:
    "Hast du dich doch wieder eingemischt..."
    Er wusste welchen Weg der schwarze Reiter nehmen würde, also entschloss er sich ihn abzufangen. "Gespräche" mit dieser Person waren immer unterhaltsam.


    Als der Bote ihn auf der Straße erblickte, zügelte er umgehend sein Pferd und kam zum Stehen.
    "Hey, wann bist du denn bitte zu jemandem geworden, der für die Gerechtigkeit eintritt? Ich dachte ich hätte einen hervorragenden Kurier mit einem Job betraut", begrüßte ihn Isaia amüsiert.
    Er zog die Kreidetafel hervor:
    "Gehen die letzten Selbstmorde auch auf dein Konto?"
    Energisch schüttlte der Mann den kopf und breitete seinen Mantel aus, wie um zu zeigen, das er nichts zu verbergen hatte:
    "Natürlich nicht! Der Informant Isaia Orsini ist doch kein böser Kerl!"
    Seine Stimme war so verführerisch wie eh und je.
    "Böse wäre es doch eher, jemanden der sich umbringen will, davon abzuhalten, oder?", philosophierte er vor sich hin.
    Der schwarze Reiter schüttelte angewidert den Kopf und ritt davon.
    "Das hat Spaß gemacht, du hervorragender Kurier", freute sich Isaia.
    Es schien so, als gäbe es nichts in dieser Stadt, was ihn nicht irgendwie unterhalten würde...

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

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  • Einleitung, Nachspiel: Außergewöhnlich


    Melchiorre Romagnoli


    Endlich waren sie zur Ruhe gekommen. Koldobika hatte Melchiorre durch den ganzen Stadtteil gehetzt und ihn mit so vielen Informationen überflutet, das er sich unmöglich alles merken hatte können. Jetzt saßen sie gemeinsam auf einer Bank und genossen die klare Abendluft.
    "Sag mal, gibt es denn noch andere Leute, die ich besser meiden sollte?", fragte Melchiorre nach. Diese eine Sache war ihm nicht aus dem Kopf gegangen und war vermutlich auch das sinnvollste was Koldobika in den letzten Stunden aus dem Mund gekommen war.
    Der überlegte einen Moment, bevor er antwortete:
    "Hmm, die Liberos und Torros natürlich, aber das versteht sich ja von selbst nicht wahr. Das gleiche gilt natürlich für die Kartengangs - versuch am besten vor allem den 'grauen Füchsen' und ihrem Anführer Hemi Beran aus dem Weg zu gehen, der ist echt brutal"
    Sein Blick verfinsterte sich:
    "Und dann gibt es noch Isaia Orsini"
    "Isaia Orsini? Ein komischer Name", befand Melchiorre.
    Für einen kurzen Moment erlaubte Koldobika sich ein Schmunzeln:
    "Das musst du grade sagen"
    Doch er wurde schnell wieder ernst und stierte den Boden an:
    "Der ist echt gefährlich, also leg dich nicht mit ihm an. obwohl gefährlich vielleicht das falsche Wort ist. 'Instabil' trifft es vielleicht eher. Naja, er treibt sich meistens in Melila rum, also dürftest du erstmal gar nicht auf ihn treffen"
    Sein Freund stand auf und seufzte:
    "Ach genau, und von den Venturi solltest du dich besser auch fernhalten"
    Jetzt horchte Melchiorre auf: "Venturi?"
    "Ja, Venturi, wie in ein Ventur"
    Was heißt denn ein Ventur?, zuckte es Melchiorre etwas genervt durch den Kopf.
    "So wirklich viel kann ich dir über sie leider auch nicht erzählen, aber sie sind sehr viele und sie gehören nicht gerade zu der umgänglichen Sorte"
    Koldobika signalisierte Melchiorre, das sie weitergingen:
    "Sie sollen eine Kartengang sein - aber keiner weiß welche Karte sie haben. Wobei es im Moment wohl sowieso eher schwierig für sie wäre sich zu treffen, deshalb haben sie sich vielleicht schon längst wieder aufgelöst"
    Dieser Gedanke schien seinem Freund Freude zu bereiten.
    "Ja, verstehe"


    Auf einmal blieb Koldobika stehen und drehte sich zu ihm um:
    "Naja wer weiß? In dieser Stadt ist alles möglich"
    Wie üblich grinste er ihn breit an:
    "Du hast Glück! An nur einem Tag hast du Bermudo und Simon getroffen. Und Severo, der mit Tischen um sich wirft"
    Verwundert kratzte sich Melchiorre den Hinterkopf:
    "Wirklich, das nennst du Glück? Also ich weiß ja nicht..."
    Etwas änderte sich in Koldobikas Lächeln. Vielleicht weil zum ersten Mal an diesem Tag ehrlich war: "Ich freu mich echt. Das wir endlich gemeinsam zur Schule gehen und miteinander abhängen können"
    Nun musste auch Melchiorre lächeln: "Ich freue mich auch"
    Plötzlich erscholl ein lautes, unheimliches Wiehern in den Straßen.
    Sofort rief Koldobika aufgeregt aus: "Mann, du hast echt so ein Glück! Du bekommst die Großstadtlegende mit eigenen Augen zu sehen!"
    Ohne auf ihn zu warten rannte sein Freund davon. Hastig und unbeholfen hetzte Melchiorre hinterher - er war alles andere als ein Sportler.
    "Hey Koldobika, warte!"
    Es war anstrengend, aber seine Neugier zwang ihn trotzdem während des Rennens nachzufragen: "Was meinst du mit Großstadtlegende?"
    "Den schwarzen Boten! Den kopflosen Reiter!"
    Keuchend kamen sie ein paar Straßen weiter an einer Kreuzung zum stehen. Das Hufgetrappel wurde lauter.
    Dann erschien der mysteriöse Kurier vor ihnen. Die Zeit schien sich zu verlangsamen.
    Melchiorre merkte, wie er am ganzen Körper zitterte.
    Aber nicht aus Angst, sondern Ehrfurcht, glaubte er.
    Er hatte etwas Unglaubliches gesehen. Hier. In dieser Stadt hatte er etwas erlebt, wovon er nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Es war als würde sich eine unglaubliche und unerreichbare Realität vor seinen Augen entfalten. Die zwei Freunde kicherten einander an. Und endlich hatte Melchiorre das Gefühl, das er hierhin gehörte...

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

    • Offizieller Beitrag

    Petruccio - Lusse Semjon


    Petruccio verließ nicht gerne sein Geschäft. Erstens war die Gegen nun wirklich nicht danach seine Besitztümer alleine zu lassen und zweitens war er nicht mehr so gut zu Fuß und versuchte lange Wege möglichst zu vermeiden.
    Manchmal schaffte er dies allerdings nicht und musste für wichtige Angelegenheiten einen Fußmarsch auf sich nehmen.
    Glücklicherweise war es nicht sonderlich weit von Scandicci nach Imeloca und so erreichte er den Gasthof Lussia ohne dass sein Bein zu sehr schmerzte.
    Er ließ sich an einem Tisch nieder und wartete auf die Bedienung. Währenddessen sah er sich mit tränenden Augen um.

  • Petruccio <> Simon


    Schon nach kurzer Zeit kam Simon an den Tisch des alten Händlers. Mit seiner gewaltigen Körpergröße und Muskelmasse türmte er sich wie ein Berg vor Petruccio auf.
    Wie üblich beugte er sich lächelnd nach unten: "Lang nicht gesehen, junger Mann!"
    Das schien seine Standardbegrüßung für alle Mitglieder des männlichen Geschlechts zu sein.
    "Was darfs denn sein?"

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

    • Offizieller Beitrag

    Petruccio - Lusse Semjon


    Petruccio ließ sein widerliches Lachen hören. "Jung hat mich schon ein halbes Jahrhundert niemand mehr genannt. Ich hätte gerne eine Krabbe. Und ein Gespräch mit dir, mein Junge." Petruccio zahlte mit gleicher Münze zurück.

  • Petruccio <> Simon


    Zuerst nickte Simon, widersprach dann aber vehement:
    "Njet, das geht nicht! Muss kochen, Ivan hat Pause! Später vielleicht? Iss erstmal Krabbe, dann Ich schauen ob Zeit für dich"
    Ohne noch länger zu Warten wandte sich Simon ab und ging in die Küche.


    Etwa eine Viertelstunde später kam der farbige Riese wieder heraus und servierte zuerst einem anderen Gast einen Teller Muscheln, bevor er zu Petruccio ging und ihm die bestellte Krabbe hinstellte. Man konnte vieles über Simon sagen - aber kochen konnte er.
    "Wohl bekommts, junger Mann! Ist gut, kannst mir glauben. Vielleicht nächstes Mal probieren Muscheln? Muscheln sind lecker!"

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

  • Petruccio <> Simon


    Es dauerte noch eine ganze Weile, aber Petruccio hatte Glück: es kamen keine weiteren Gäste und so leerte sich das Restaurant schließlich. Nachdem Simon das drekige Geschirr abgewaschen hatte, kam er zurück zu dem Händler und fragte freundlich:
    "Also, was kann ich noch für dich tun?"
    Der Satz war für Simon erstaunlich akzentfrei.

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"

    • Offizieller Beitrag

    Petruccio - Lusse Semjon


    "Ich brauche ein ponzisches Produkt und jemand hat mir ins Ohr geflüstert, du wärst der richtige Mann dafür mir das zu besorgen." Er machte eine Pause und ließ einige Münzen klimpern, die er auf den Tisch legte. "Bist du der Richtige?"

  • Petruccio <> Simon


    Routiniert strich Simon die Münzen ein und sagte: "Ah, Heimat. Heimat ist gut"
    Dann fragte er im selben Tonfall, nachdem er nach dem Essen gefragt hatte:
    "Was darfs denn sein?"
    Das breite, unschuldige Lächeln ließ nicht vermuten, was für eine Sorte Geschäft heir gerade ablief.

    MOTHER 3:
    "Lucas spoke the Encouraging Words to the boulder! The boulder appears to feel better"