Das Zentrum Alteras steht sinnbildlich für die Macht der Händler in der Stadt.
Prunkvoll geschmückte Fassaden zieren saubere Straßen und nur die reichsten der Reichen können es sich leisten hier Grundbesitz zu haben. Die Gebäude sind größer als im Rest der Stadt (wenngleich nicht alle von ihnen Geschäfte sind) und die Sicherheit der Bürger ist stets gewährleistet. Das ist auch dringend notwendig, denn in den Tresorräumen der mächtigen Banken Melilas lagern Unsummen von Geldern – und Geld ist bekanntermaßen das Wasser, das die Mühlen der Händlerstadt am Laufen hält.
Das wohl bekannteste und mächtigste Bankhaus ist das "Ventura", das sich im Besitz von Vito Vela befindet. Der stets gepflegte Mann mittleren Alters zeigt stets eine freundliche Miene – doch nie seine Gedanken. Seine politischen Ansichten sind unbekannt – wenn er solche überhaupt hat und er sagt nie nein zu einem guten Geschäft. Seine Bedingungen werden von vielen als harsch kritisiert, aber in Wahrheit ist Vela ein Meister darin, seine Forderungen immer auf genau das Niveau zu setzen, das für sein Gegenüber gerade noch verkraftbar ist. Wenn man bereit ist, seinen Preis zu zahlen, kann Vito Vela jedem Unternehmen eine große Hilfe sein und wenn nicht – nun dann wird er jemand anderen finden. Denn dem Ventura gehen nie die Kunden aus...
Vito Vela
Eine unbehagliche Ruhe herrschte in dem Büro Vito Velas. Das einzige Geräusch war das stete Ticken der großen Standuhr an der rechten Wand. Wie auch der Rest des Mobiliars, war sie kunstvoll geschnitzt, reich verziert und sündhaft teuer.Endlich brach Vito Vela das Schweigen:“Nun, ihr müsst mir schon etwas mehr sagen, sonst kann ich euch nicht helfen”Der Banker legten seine Fingerspitzen zusammen und lächelte seinen Gesprächspartner eloquent an. Dem wiederum begann langsam der Schweiß auf die Stirn zu treten.“Ich verstehe nicht, wo das Problem ist!”, presste der Händler hervor:“Alles was ich will ist ein Darlehen, um meine Handelsflotte weiter auszubauen!”Verständnisvoll nickte Vito:“Und ich bin mir sicher, das ihr das alles gut durchdacht habt. Allerdings...”Er zog eine Mappe mit Dokumenten hervor.“...laufen eure Geschäfte in letzter Zeit scheinbar nicht allzu gut, werter Herr Ortiz. Seien wir ehrlich - sonst wäret ihr doch gar nicht hier. Oder soll ich euch die Fakten aufzählen?”Widerwillig gab Ortiz nach: “Na schön, es stimmt! Aber das ist nichts ungewöhnliches! Es kommt immer mal wieder zu einem Auf und Ab in der Wirtschaft, das wisst ihr ebenso gut wie ich. Aber dieser verdammte Tos hat einen neuen Sponsor gefunden und wenn ich nicht irgendwie mithalten kann, wird mein gesamtes Geschäft zusammenbrechen!”Nachdenklich legte der Vito seinen Kopf schief, bevor er schließlich antwortete:“Also gut. Ich denke in Anbetracht eurer vergangenen Erfolge, können wir es uns leisten, euch einen Kredit zu gewähren”
Erleichtert atmete Ortiz auf.“Allerdings besteht trotzdem ein nicht unbeträchtliches Risiko für das Haus, ihr versteht. Unter diesen Rahmenbedingungen werden wir die von euch vorgeschlagenen Konditionen doch erheblich anpassen müssen”Sofort erbleichte der Händler. Aber Ortiz hatte keine Wahl - er brauchte das Geld.“N...Na gut. Was schlagt ihr vor?”Das perfekte Lächeln Vito Velas wurde etwas breiter:“Das ‘Ventura’ zahlt euch ein Darlehen in Höhe von 3000 Goldthorin aus, wie von euch gefordert. Im Gegenzug zahlt ihr, werter Herr Ortiz das Geld innerhalb von 6 Monaten in Raten von je 500 Goldthorin zurück”Scharf sog Ortiz die Luft ein. So viel Geld innerhalb eines Monats anzuhäufen, war selbst für ihn keine kleine Sache. Mit zussemgepressten Zähnen stieß er hervor: “Das klingt...annehmbar”Eigentlich klang es sogar zu gut, um wahr zu sein.“Oh verzeiht, ich war noch nicht ganz fertig. Bei einem Zinssatz von 20% macht das 600 Goldthorin pro Rate und 3600 Goldthorin insgesamt”Der Bankier wurde von geschocktem Gestammel belohnt.“D...das ist ungeheuerlich! So viel Geld könnte ich..”
“Eben”, fuhr Vela dazwischen, ohne seine Stimme zu heben.“Selbst für uns handelt es sich hier um eine große Menge Geld. Wenn nun euer Vorhaben fehlschlägt, wie schlagt ihr vor, das wir diesen Verlust ausgleichen sollen?”Entkräftet sackten die Schultern des Händlers nach unten.Tröstend fuhr Vito Vela fort:“Sagt euch diese Vereinbarung nicht zu? Dann bin ich sicher, das wir auch etwas anderes vereinbaren können. Was haltet ihr davon, wenn wir euren Zahlungszeitraum erhöhen? Dann müsstet ihr nicht so viel Geld auf einmal aufbringen und hättet mehr Zeit das Geld zu verwenden, um eure Geschäfte wieder anzukurbeln. Im Gegenzug muss ich allerdings den Zinssatz erhöhen, ihr versteht. Pro halbes Jahr um 2,5%”Mit einer Mischung aus Verzweiflung und Hoffnung auf dem Gesicht geschrieben, begann Ortiz zu rechnen.
Schließlich fragte er vorsichtig: “2 Jahre?”
Das Lächeln Velas war wie von einem Bildhauer gemeißelt. Es schien nie aus seinem Gesicht zu weichen: “Das klingt doch vernünftig. Das ergibt dann 3825 Goldthorin insgesamt zu Raten von je 159 Goldthorin und 2 Silberthorin, gezahlt monatlich über 2 Jahre. Sind sie damit einverstanden?”
Seufzend bestätigte Ortiz und unterschrieb wenig später den Vertrag.
“Es war mir eine wahre Freude mit ihnen Geschäfte zu machen”, floskelte Vela.
“Gleichfalls”, erwiderte Ortiz halbherzig.
Als er sich zum Gehen wandte, warf ihm der Bankier noch einen unheilvollen Satz hinterher.
“Ich hoffe euer Vorhaben wird ein Erfolg. Unsere Pfandverwalter haben momentan schon viel zu viel zu tun”
Kaum war der Händler gegangen, setzte sich Vito wieder an seinen Schreibtisch und sortierte den Vertrag in einen mit drei Schlössern gesicherten Schrank.
Murmelnd ging er über die Dokumente:”...Sala...Tos...ah Ortiz”
Zufrieden schloss er wieder zu und fuhr mit der Hand liebevoll über das teure Holz aus Murano. Bei einem weiteren Schloss, das noch um einige Stufen schwerer als die anderen aussah, zögerte er kurz, bevor er seine Hand wieder zurückzog und zurück zu seinem Arbeitsplatz ging, um sich auf den nächsten Kunden vorzubereiten.