Ich habe mich in den letzten Tagen sehr intensiv mit Imperator Rome von Paradox beschäftigt, weil mich das Spiel als Strategiespielfan und auch vom Setting her sehr stark angesprochen hat. Allerdings ist bei mir aktuell eine starke Ernüchterung eingetreten. Die Kritiken und das selbst gesehene sind dann doch eher mäßig. Es ist wenig erklärend, nicht einsteigerfreundlich, KI lässt zu wünschen übrig, viele Features sind von der Funktion her sehr schwergängig bis eher nicht funktional. Ich will da gar nicht näher auf Einzelheiten eingehen, das ist für sich ein eigenes Thema.
Allerdings würde ich hier dann gerne den Bogen zu TW spannen wollen. Gerade die historischen Total-War-Fans verweisen in den diversen Threads immer mit lobenden Beispiel auf Paradox und nicht wenige hätten gerne viele Features von Paradox-Spielen wie EU IV oder CK II in Total War - Spielen integriert. Und ja … auch ich könnte mir das eine andere davon durchaus vorstellen!
Ich schließe mich allerdings im Kern der Aussage meinem Vorredner Chapulin an. Es stört mich sehr, dass TW häufig für bestimmte Thematiken negativ kritisiert wird, und Paradox bei ähnlich gelagerten Problematiken gelobt wird oder man negative Aspekte gefühlt nur mit geringen oder keinen Wiederstand "honoriert". Auch behaupte ich, dass im Vergleich mit TW mit zweierlei Maß gemessen wird, bzw. die Toleranzgrenze beim Strategie-Giganten Paradox in der Community größer ist.
Ich könnte jetzt 2 DIN A4-Seiten lang Argumente und Beispiele bringen, will es aber an dieser Stelle simple machen.
Ich behaupte mal ganz frech, dass selbst der letzte historische TW-Ableger ToB im überwiegenden Teil der Möglichkeiten dem aktuellen Imperator Rome überlegen ist!
Selbst in den Herzstücken von Paradox, der häufig gelobten Personenverwaltung, ist das Feature von ToB mit den Möglichkeiten der Verwaltung von Personen, angefangen vom Familienstammbaum bis hin zum Einsetzen von Befehlshabern und Provinzstatthalter, Loyalitätssystem derzeit noch weitaus besser. Dies wird sich sicher noch im Laufe der kommenden Jahre ändern aber der Zustand der Release-Version ist für ein Grand-Strategy-Game von Paradox als "verbesserungswürdig" zu bezeichnen.
Dass, was wir bisher auch von TK erfahren haben, die dieses Mal mehr Wert auf die Entwicklung und das Management der diversen Persönlichkeiten gelegt haben, scheint da, ausgehend vom bisher gesehenen, weitaus fordernder zu sein.
Auf die DLC - Politik vom Paradox will ich gar nicht groß eingehen. Die ist im Vergleich zu TW vom preislichen Aspekt gesehen total unterirdisch. Chapulin hat das sehr eindrucksvoll unterstrichen. Wie häufig wird sich hier über ein Volks-DLC von TW für € 7,99 beschwert und gleichzeitig bezahlt bei Paradox jeder "Heinz" mit Lobeshymnen den gleichen oder ähnlichen Preis für ein Update, dass irgendeinem Volk 2 Männer- und 2 Frauenbildchen mehr als Auswahlmöglichkeit für einen Staatsmann implementiert, der im Spiel eh nur statistisch und kosmetisch vorkommt.
Ich selbst verstehen auch nie die Argumentation, dass große Updates von Paradox wirklich viel verändern und den Preis für ein entsprechendes DLC lohnend macht. Fakt ist, dass die Paradox-Spiele in der Release-Version so abgespeckt und verbugt rauskommen, dass jede Veränderung - ich übertreibe - das Spielerlebnis entscheidend verändert. Und dafür wird Paradox auch noch gelobt und argumentiert: He … schau mal was du für den Preis auch alles bekommst. Dabei handelt es sich zumindest bei den ersten DLC's häufig nur um eine nachträgliche Korrektur dessen, was man bei Release nicht, nicht mehr oder nicht optimal hinbekommen hat.
Würde man das bei TW so machen, würde es ein Aufschrei mit der Argumentation geben, dass dies "Cut Content" wäre oder bereits fertig programmierter Content bewusst aus dem Hauptspiel entfernt worden wäre, um ihn als DLC nochmals zu vermarkten obwohl die DLC-Verbesserungen eigentlich schon zum Basisspiel gehören müssten, usw. usw. usw.
Versteht mich nicht falsch, ich bin fest davon überzeugt, dass Imperator Rome den Weg auch in meine Spielebibliothek finden wird und ich einige Spielzeit darin verbringen werde. Und ich bin mir sicher, dass dieses Spiel in 1 - 2 Jahren ein Meister seines Genres und vor allem führend in diesem Setting sein wird. Aber diesen Stand wird sich IR mit einer Menge an DLC's und FLC's Schritt für Schritt noch erarbeiten / erkaufen.
Ein Total War in einem vergleichbaren Release-Zustand wie IR derzeit, hätte einen vernichtenden Shitstorm zu ertragen und jedes verbessernde und ergänzende DLC würde einen weiteren Shitstorm zur Folge haben, während man bei Paradox jedes ergänzende "tabellarische Strichmännchen" für € 1,99 zusätzlich bejubelt wird.
Ich hoffe sehr, dass man - wenigstens in diesem Forum - zukünftig etwas fairer mit der Total - War - Reihe umgeht. Fehler sollten angesprochen werden. Die Art und Weise auch im Vergleich zu anderen Strategiespielen sollte aber sachlicher erfolgen. In diesem Sinn hoffe ich sehr darauf, dass auch TK eine Chance bekommt. Im Moment habe ich da meine Befürchtungen. Auch wenn ich selbst mit dem Setting "China" nicht glücklich bin und auch sehr sauer über die weitere Verschiebung des Release-Termins war, sollte man das Spiel letztendlich nach seinen Qualitäten beurteilen die es in der Praxis dann hat. Ein "China interessiert mich nicht, kaufe ich nicht", was für mich gefühlt so der derzeitige allgemeine Tenor ist, auch außerhalb dieses Forums, wäre eine vertane Chance.